Rezension aus: Neues Rheinland, Heft 8, 1999
Meilenstein der Geschichte
Was die Geschichtsbücher von Reformation und
Gegenreformation im 16. Jahrhundert zu berichten haben, stellt sich im
Klartext als Spaltung der Christenheit in den römischen Katholizismus auf
der einen und den hier reformiert, dort lutherisch geprägten
Protestantismus auf der anderen Seite dar. Die Konsequenzen waren nicht
nur in Kirche und Glauben, sondern auf allen Lebensgebieten zu spüren und
vor allem in den gemischtkonfessionellen Gebieten Westdeutschlands häufig
tiefgreifend.
Nüchterne Beobachter erwarten für das kommende
Jahrhundert eine weitgehende Wiedervereinigung der Kirchen. Auch dies wäre
eine Konsequenz aus dem inzwischen erfolgten Abbau theologischer wie
alltäglicher „Grenzanlagen“ und die daraus resultierende Betonung eines
gemeinsamen Erbes, das weitaus größer und kräftiger als alles Trennende
erscheint. Wie es zur Herausbildung bekenntnisgebundener Besonderheiten
gekommen ist, ist unterschiedlich bekannt, sieht man davon ab, daß die
Konfessionen selbst ihre historische Entwicklung vor allem im 19.
Jahrhundert oft als Heldengeschichte dargestellt haben. Die Erforschung
der Frühen Neuzeit, der Epoche von etwa 1500 bis etwa 1800, hat sich in
den letzten Jahren zunehmend der Konfessionalisierung zugewandt. Die
Untersuchung ihrer Ursachen und Folgen führt im Bergischen Land, das das
Herzogtum Berg zwischen dem Wuppertal und Düsseldorf, Ruhr und Sieg
umgreift, als „pluralistische Kirchenlandschaft“ nach Auffassung
historischer Experten zu besonders reichen Erkenntnissen.
Der vorliegende Band ist als Zwischenergebnis
dieser Forschung und zugleich als Meilenstein anzusehen. Zielstrebig haben
die beiden Herausgeber das Thema vertieft und für eine Studientagung in
Bergisch Gladbach Mitarbeiter gewinnen können, deren Arbeitsergebnisse
diesen gewichtigen Sammelband füllen. Die Einführungen, Überblicke,
exemplarischen Fälle und Problemanzeigen werden die künftige
fachspezifische Diskussion mitbestimmen. Darüber hinaus werden viele auf
ihre Kosten kommen, die nach Antworten auf die Frage suchen, wie es zur
Herausbildung konfessioneller Strukturen gekommen ist. Sorgfältige
Forschung wird auf diese Weise Zeitbedingtheiten offenzulegen und zu
benennen vermögen.
Klaus
Goebel, Dortmund
|